Blättert man in den Geschichtsbüchern und sucht nach den beiden Ortsteilen Neusiedl und St. Ulrich stellt man fest, dass sich diese beiden Orte sehr unterschiedlich entwickelten. Die kleinere Ortschaft, liegt nördlich der Zaya und kann stolz auf eine lange Geschichte verweisen. Unter Heinrich dem I. begann im 13. Jahrhundert der Aufstieg der Fürsten von Lichtenstein, damals noch einfache Landade-lige mit den Lehen Alt- und Neulichtenwarth, - dem heutigen St. Ulrich. Dieser Heinrich der I. von Lichtenstein war ein umsichtiger Adeliger und beherrschte ausgezeichnet die Kriegskunst. Er wurde im Jahr 1245 dazu bestimmt, die Schlacht an der Leitha nach dem Tod des letzten Babenbergers zu Ende zu führen und verließ das Schlachtfeld siegreich. Dafür bekam er das Großlehen Lundenburg zugesprochen, und damit begann der Aufstieg der Lichtensteiner zu den mächtigsten und wohlhaben-sten Fürstentümern Europas.
Im 16. Jahrhundert erhielt das damalige Neulichtenwarth den heutigen Namen, und in dieser Zeit entwickelte sich St. Ulrich zu einem beachtlichen Wallfahrtsort. Die sehenswerte aber kleine Kirche am Fuße des Hausberges wurde viel zu klein, und man löste das Problem mit einer Freiluftkanzel die man heute noch sehen kann. Neusiedl kam erst viel später zu den Lichtensteinern und gehörte den „Frohnauern“. Ein gewisser Gamuret Frohnauer bekam im 15. Jahrhundert für besondere Verdienste für das Kaiserreich das Marktrecht verliehen, dass später irgend wann wieder „verloren ging“. Sonst kann man nicht sehr viel über die Geschichte dieses Ortsteils nachlesen. Bis zu den „dreißiger Jahren“ lebten die Menschen in beiden Orten fast ausschließlich von der Land-wirtschaft. Bedingt durch die kleinen Burgfrieden und schlechten Bonitäten war das Leben in den beiden Dörfern äußerst mühsam.
Zu Weihnacht 1929 änderte sich dieser Zustand schlagartig. Im Süden des Gemeindegebietes konnte zum ersten Mal wirtschaftlich aus österreichischem Boden Erdöl gefördert werden. Viele Männer ver-ließen die Landwirtschaft, und verdienten von da an ihr Geld unter harten Arbeitsbedingungen in der Erdölwirtschaft. Damals war diese Arbeit ein sehr gefährlicher Job, der es aber ermöglichte zu bescheidenen Wohlstand zu kommen.
Während des Krieges wurden Lager für Kriegsgefangene angelegt, und mit deren Arbeitskraft wurde die Infrastruktur für die Erdölwirtschaft geschaffen. Die Gefangenen wurden entlohnt und konnten sich tagsüber frei bewegen. Nur während der Dunkelheit mussten sie sich im Lager aufhalten. Viele Freundschaften entstanden damals, wovon einige davon heute noch bestehen.
Diese Lagergebäude dienten vielen Heimatvertriebenen nach dem Ende des Krieges als Dach über den Kopf nach dem gefährlichen Marsch aus Südmähren. Diese fleißigen Mitmenschen fanden hier Arbeit und konnten nach dem schweren Schicksalsschlag neu anfangen.
Irgendwann geht jeder Bergbau wieder zu Ende, und in diesem Stadium befindet sich die Erdölge-winnung rund um Neusiedl und St. Ulrich. Der Bergbau hat unsere Heimatgemeinde verändert, die wenigen erhalten gebliebenen alten Gitterfördertürme werden uns noch lange an diese Zeit erinnern . Jetzt liegt es an unseren Gemeindeverantwortlichen, die nicht mehr benötigten Industrieanlagen der Erdölwirtschaft sinnvoll nach zu nutzen und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen. Im Jahr 1964 wurde Neusiedl unter dem Bürgermeister und Landesrat Matthias Bierbaum zur Marktgemeinde erhoben, und 1969 beschlossen die beiden Gemeinden St. Ulrich und Neusiedl einstimmig, in Zukunft gemeinsam die herankommenden Probleme lösen zu wollen. 1984 wurde mit der schönen Zillertalgemeinde Kaltenbach eine Partnerschaft geschlossen. Seither werden im Fünfjahresintervall die Jubiläen dieser drei Ereignisse gefeiert.